Lechler Stiftung
Befreiung; <DE0007856023>
Zielgesellschaft: ElringKlinger AG; Bieter: Lechler Stiftung
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Für den Inhalt der Meldung ist der Bieter verantwortlich.
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Lechler Stiftung
Stuttgart / Deutschland
Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts eines Bescheids der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 18. Juli 2013 hinsichtlich der
Anträge der Lechler Stiftung und Herrn Walter Herwarth Lechlers gemäß § 37
Abs. 1 WpÜG von der Verpflichtung zur Veröffentlichung der
Kontrollerlangung und zur Abgabe eines Pflichtangebots für Aktien der
ElringKlinger AG, Dettingen/Erms (ISIN: DE0007856023) befreit zu werden
Mit Bescheid vom 18. Juli 2013 hat die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend auch die BaFin) auf
entsprechenden Antrag die Lechler Stiftung, Stuttgart (vormals
Ludwigsburg), Deutschland (nachfolgend auch die Lechler Stiftung) gemäß §
37 Abs. 1 WpÜG von der Verpflichtung zur Veröffentlichung der
Kontrollerlangung und der Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots an die
Aktionäre der ElringKlinger AG, Dettingen/Erms, (nachfolgend auch die
Zielgesellschaft) befreit und den entsprechenden Antrag von Herrn Walter
Herwarth Lechler (nachfolgend auch Herr Lechler oder WHL) abgewiesen.
Herr Lechler ist am 17. Mai 2018 verstorben. Mit Eintritt des Erbfalls hat
die Lechler Stiftung, wie in dem Befreiungsbescheid antizipiert, in Vollzug
des Schenkungs-, Abtretungs- und Übertragungsvertrages vom 5. Oktober 2009
weitere ElringKlinger-Aktien erworben und die Kontrolle über die
Zielgesellschaft erlangt, sodass sie nunmehr zur Veröffentlichung des
wesentlichen Inhalts des Befreiungsbescheids verpflichtet ist. Dieser
Pflicht soll hiermit nachgekommen werden. Der Vollständigkeit halber wird
der wesentliche Inhalt des Bescheids im Folgenden auch in Bezug auf Herrn
Lechler wiedergegeben.
Der Tenor des Bescheides der BaFin lautet wie folgt:
1. Die Lechler Stiftung, Ludwigsburg, wird für den Fall, dass sie nach
unentgeltlicher Übertragung sämtlichen Vermögens der PAUL LECHLER STIFTUNG
gGmbH, Ludwigsburg, in ihr Stiftungsvermögen im Wege der Übereignung,
Vertragsübernahme und Zustiftung faktisch die bisherige Rechtstellung der
PAUL LECHLER STIFTUNG gGmbH, Ludwigsburg, einnimmt und dadurch in Folge der
Erfüllung des Schenkungs-, Abtretungs- und Übertragungsvertrages vom 5.
Oktober 2009 (Urk.-Rolle 2009 Nr. 2351 des Notars Josef Altrichter,
Königstr. 20, 70173 Stuttgart) nebst der Erfüllung der diesbezüglichen
Auflagen die Kontrolle über die ElringKlinger AG, Dettingen/Erms, erlangt,
gemäß § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz
1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der ElringKlinger AG, Dettingen/Erms, zu
veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG,
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage
zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 2
Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 ergeht unter der Auflage, dass
die Lechler Stiftung unverzüglich die Erlangung der Kontrolle über die
ElringKlinger AG, Dettingen/Erms, durch die Vorlage geeigneter Unterlagen
bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nachzuweisen hat.
3. Der Antrag des Herrn Walter Herwarth Lechler, Stuttgart, wird
abgewiesen.
Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
Die Lechler Stiftung ist gemäß § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG von den Pflichten
aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien, da ihr Antrag
zulässig und begründet ist.
Der Antrag des Herrn Walter Herwarth Lechler ist abzuweisen, da er zwar
zulässig, aber unbegründet ist.
1. Die Anträge der Lechler Stiftung und des WHL sind gemäß § 37 Abs. 1 und
Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordung zulässig.
1.1 Die Anträge sind fristgerecht gestellt worden. Gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-
Angebotsverordnung können Anträge nach § 37 Abs. 1 WpÜG vor
Kontrollerlangung über die Zielgesellschaft und innerhalb von sieben
Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Bieter
Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass er die
Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat.
Vorliegend hat zunächst die Lechler Stiftung Umstände vorgetragen, nach
denen von einer Antragstellung durch sie vor Kontrollerlangung über die
Zielgesellschaft auszugehen ist. In diesem Fall muss sich der zeitnahe
Kontrollerwerb (hier seitens der Lechler Stiftung) zum Zeitpunkt der
Antragstellung als vorhersehbar und aus Gründen der Sicherstellung der
ernsthaften Bereitschaft zum Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich
darstellen.
Diesen Voraussetzungen ist vorliegend Genüge getan. Denn obzwar das den
Kontrollerwerb an der Zielgesellschaft seitens der Lechler Stiftung
auslösende Ereignis des Ablebens von WHL (siehe unten 2.1.1) naturgemäß
nicht exakt vorhersehbar ist, so ist die Kontrollerlangung an der
Zielgesellschaft durch die Lechler Stiftung vorhersehbar und sehr
wahrscheinlich.
Angesichts des bereits bis zur nunmehrigen Antragstellung betriebenen
Aufwands – insbesondere der Einschaltung von anwaltlichen Bevollmächtigten,
des Abschlusses eines am 11. Februar 2003 zwischen WHL und Herrn Klaus
Lechler geschlossenen Erbvertrages (Urk.-Rolle 2003 Nr. 435 des Notars
Josef Altrichter, Königstr. 20, 70173 Stuttgart) (der Erbvertrag), einem
Vertrag vom 12. Oktober 2006 (Urk.-Rolle 2006 Nr. 3300 des Notars Josef
Altrichters, Amtssitz wie vor) (die Änderungsvereinbarung), durch welchen
der Erbvertrag modifiziert wurde, und eines zwischen WHL und der PAUL
LECHLER STIFTUNG gGmbH (die PLS) geschlossenen und u.a. aufschiebend auf
den Tod des WHL befristet vollzogenen Schenkungsvertrages vom 5. Oktober
2009 (Urk.-Rolle 2009 Nr. 2351 des Notars Josef Altrichter, Amtssitz wie
vor) (der Schenkungsvertrag), durch welchen WHL der PLS seine Beteiligung
von 80,8% an der Lechler GmbH, Metzingen, sowie insgesamt 3.517.800 Aktien
der Zielgesellschaft (das WHL-Firmenvermögen) unter der Auflage geschenkt
hat, das WHL-Firmenvermögen letztlich auf die KWL Beteiligung-GmbH,
Ludwigsburg, (KWL) weiter zu übertragen (wobei die Erträge aus dem WHL-
Firmenvermögen weiterhin der PLS zustehen sollen) – sowie des nun
neuerlichen Aufwandes im Umfeld der Antragstellung – insbesondere die
erneute Einschaltung von anwaltlichen Bevollmächtigten, die Schaffung eines
Beitrittsvertrages zum Poolvertrag zwischen der KWL Beteiligungs-GmbH (die
KWL) und der Elrena GmbH vom 15. April 2010 in Bezug auf die
Zielgesellschaft (der Lechler-Poolvertrag) sowie der sich abzeichnende
Entwurf der Vertragsdokumentation zur Übertragung des gesamten Vermögens
der PLS, einschließlich aller Rechte und Pflichten, auf die Lechler
Stiftung (der PLS-Formwechsel). – ist von einer Umsetzung der angezeigten
umfassenden Planung der Nachfolge nach Herrn Klaus Lechler und WHL (die
Lechler-Nachfolgeplanung) auszugehen.
Auch was WHL anbelangt, so tut es im Lichte der vorgenannten
Voraussetzungen der Möglichkeit der Antragstellung vor Kontrollerlangung
über die Zielgesellschaft (Kontrollerwerb vorhersehbar bzw. sehr
wahrscheinlich) keinen Abbruch, dass WHL vorträgt, dass er seiner Ansicht
nach gerade nicht die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen werde
und demzufolge nur vorsorglich einen Antrag i.S.d. § 37 Abs. 1 WpÜG stellt.
Denn streng genommen wäre eine Kontrollerlangung in einem solchen Fall
weder vorhersehbar noch sehr wahrscheinlich. Allerdings ist die
Beurteilung, ob es zu einem Kontrollerwerb kommen wird oder nicht, keine
Zulässigkeitsfrage, sondern eine Frage, die es im Rahmen der Begründetheit
zu bewerten gilt. In Fällen, in denen ein Antrag i.S.d. § 37 Abs. 1 WpÜG
nur vorsorglich gestellt wird, ist daher der Maßstab in Bezug auf die
Voraussetzungen der Möglichkeit der Antragstellung vor Kontrollerlangung
über die Zielgesellschaft entsprechend dahingehend zu modifizieren, dass
eine Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft zumindest als ernsthaft
möglich erscheint. Eine solche ernsthafte Möglichkeit kommt jedenfalls im
Rahmen einer vorsorglichen Antragstellung i.S.d. § 37 Abs. 1 WpÜG in
Betracht. Insoweit spiegelt sich in diesen modifizierten Maßstäben bereits
in § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung reflexhaft die Frage nach einem
Rechtsschutzbedürfnis wieder; eine rein prophylaktische Befreiung, die es
als Ziel der Schaffung von Voraussetzungen für eine Antragstellung vor
Kontrollerlangung jedenfalls zu verhindern gilt, erscheint auch dann als
ausgeschlossen.
1.2 Die Lechler Stiftung und WHL können darüber hinaus auch mit einem
Sachbescheidungsinteresse aufwarten, auch wenn der Zeitpunkt des Ablebens
von WHL noch nicht exakt bestimm- und vorhersehbar ist.
Dabei gilt bezüglich der Lechler Stiftung, dass sie im Falle der Umsetzung
der Lechler-Nachfolgeplanung voraussichtlich die Kontrolle i.S.d. §§ 35, 29
Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft im Anschluss an das Ableben von WHL
erlangen wird. Die vorhersehbare Kontrollerlangung ist dabei Folge der
Übertragung des WHL-Firmenvermögens nach dem Ableben von WHL in Erfüllung
des Schenkungsvertrages nebst der diesbezüglichen Auflagen.
Konkret ergibt sich das (frühzeitige) Interesse an der Verbescheidung des
Befreiungsantrages der Lechler Stiftung daraus, dass es im Sinne einerseits
von Rechtssicherheit, andererseits aufgrund gebotener Planungssicherheit
und entsprechender finanzieller Absicherung der Lechler Stiftung sowie
schließlich auch im Hinblick auf die Sicherung des Forbestandes und der
gedeihlichen Weiterentwicklung der Zielgesellschaft sowie der Fortsetzung
der karitativen Tradition der Familie Lechler erforderlich erscheint, im
Vorfeld der weiteren Umsetzung der Lechler-Nachfolgeplanung zu klären, ob
die Lechler Stiftung der mit hohen wirtschaftlichen Folgen einhergehende
Pflichtenkreis aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 WpÜG trifft oder ob
sie von diesen Verpflichtungen aus den vorstehend erläuterten Gründen der
Rechts- und Planungssicherheit befreit werden kann. Nur im Wege dieser
frühzeitigen Klärung erscheint es in Fällen wie dem vorliegenden möglich,
den gesetzgeberischen Motiven zu §§ 36, 37 WpÜG, die Nachfolge bei
Familienunternehmen ohne Pflichtangebot ermöglichen zu wollen (BT-Drucks.
14/7034, S. 60) adäquat Rechnung tragen zu können. Das
Sachbescheidungsinteresse der Lechler Stiftung geht auch nicht dadurch
verlustig, dass sie im Zuge des PLS-Formwechsels aufgrund der Übertragung
sämtlichen Vermögens faktisch die Gesamtrechtsnachfolge der PLS antreten
wird. Denn es existiert schon keine Rechtsnachfolge in den
(höchstpersönlichen) Pflichtenkreis aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz
1 WpÜG. Hierfür streitet bereits die Gesetzesbegründung zu § 35 WpÜG, wenn
davon die Rede ist, dass Ԥ 35 Abs. 1 Satz 1 denjenigen verpflichtet, der
die Kontrolle über eine Gesellschaft, d.h. 30 Prozent der Stimmrechte an
dieser Gesellschaft erlangt .’ (BT-Drucks. 14/7034, S. 59), so dass nicht
recht einsehbar ist, warum in der Folge eine Befreiung von diesem
höchstpersönlichen Pflichtenkreis dementgegen rechtlich übergangsfähig sein
sollte. Für diese Wertung spricht ferner, dass bei einem anderen
Verständnis § 36 Nr. 1 WpÜG, der vor allem die Fälle der Erlangung von
Stimmrechten aus Aktien aufgrund Erbgang und Erbauseinandersetzung regeln
soll, weitestgehend seines praktischen Bedürfnisses beraubt würde, wenn
sich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund Tod des bisherigen
Eigentümers (§ 1922 BGB) bereits die Befreiungswirkung einer vorgegangenen
Befreiungsentscheidung zugunsten des Erblassers im Wege der §§ 413, 398 BGB
auch auf den Erben erstrecken würde. Nichts grundsätzlich anderes kann dann
aber auch in Bezug auf sonstige Anwendungsfälle der Rechtsnachfolge gelten.
Auch WHL hat ein anerkennenswertes Sachbescheidungsinteresse, auch wenn
sein möglicher Kontrollerwerb fraglicher erscheint als der Kontrollerwerb
seitens der Lechler Stiftung. Bereits im Stellen von vorsorglichen Anträgen
unter Inkaufnahme der einhergehenden etwaigen Kostenlast manifestiert sich
das besondere Interesse am Erhalt von Rechts- und Planungssicherheit.
2. Der Antrag der Lechler Stiftung ist begründet. Der Antrag des WHL ist
dagegen unbegründet.
2.1 Der Antrag der Lechler Stiftung ist begründet, da jedenfalls die
Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG vorliegen
und das Interesse der Lechler Stiftung an einer Befreiung von den
Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG das Interesse
der Drittaktionäre an einem öffentlichen Pflichtangebot überwiegt.
2.1.1 Die Lechler Stiftung wird nach dem Vollzug des PLS-Formwechsels in
Folge der Erfüllung des Schenkungsvertrages nebst der Erfüllung der
diesbezüglichen Auflagen (anknüpfend an das Ableben von WHL) die Kontrolle
i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangen.
2.1.1.1 Mit Vollzug des PLS-Formwechsels wird sich der Stimmrechtsanteil
der
Lechler Stiftung an der Zielgesellschaft von zunächst 0% auf den bislang
der PLS zukommenden Stimmrechtsanteil an der Zielgesellschaft i.H.v. rund
20,54% erhöhen.
Dies ergibt sich zum einen daraus, dass an die Lechler Stiftung die
derzeit
von der PLS gehaltenen 630.380 Aktien der Zielgesellschaft (entsprechend
rund 0,99%) im Wege der Übereignung übertragen werden.
Zum anderen wird aber auch der auf die KWL bereits bislang gemäß § 30 Abs.
2 WpÜG zugerechnete Stimmrechtsanteil von insgesamt rund 19,55% der
Stimmrechte aus 12.385.610 Aktien der Zielgesellschaft, die in den Lechler-
Poolvertrag einbezogen sind, weiter auf die Lechler Stiftung zugerechnet
werden. Denn die KWL ist mit Vollzug des PLS-Formwechsels
Tochterunternehmen der Lechler Stiftung i.S.d. § 290 Abs. 1 Satz 1 i.V.m.
Abs. 2 Nr. 4 HGB; deren koordiniertes Verhalten in Bezug auf die
Zielgesellschaft, das sich in den Regelungen des Lechler-Poolvertrages als
Verhaltensabstimmung aufgrund einer Vereinbarung (§ 30 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1
WpÜG) in Form einer Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten (§ 30
Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 WpÜG) manifestiert, ist der Lechler Stiftung dann nach
§ 30 Abs. 2 WpÜG zuzurechnen.
Die Lechler Stiftung wäre mit Vollzug des PLS-Formwechsels, mit dem auch
der bislang von der PLS gehaltene Geschäftsanteil der Gattung A von nominal
EUR 49.700,- an der KWL an sie abgetreten würde und in Ansehung der
Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages der KWL dann ebenso wie zuvor die
PLS als Mutterunternehmen der KWL anzusehen, da die KWL dann der Lechler
Stiftung als Zweckgesellschaft dient.
Von dem Zweckgesellschaftsbegriff des § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB sind neben
den
‘typischen’ Zweckgesellschaften aufgrund des Wortlauts und der vom
Gesetzgeber geforderten weiten Auslegung auch stimmrechtslose
Kapitalbeteiligungen von mehr als 50% erfasst, wenn die übrigen von § 290
Abs. 2 Nr. 4 HGB gestellten Voraussetzungen nach einer Abwägung im
Einzelfall erfüllt sind.
Nach § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist eine Zweckgesellschaft als ein Unternehmen
definiert, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten
Ziels des Mutterunternehmens dient und dieses bei wirtschaftlicher
Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen trägt, die aus dem
Unternehmen resultieren. Aus der Gesetzesbegründung zum BilMoG geht hervor,
dass – in Anlehnung an SIC-12 – bei wirtschaftlicher Betrachtung das
Vorliegen eines dort genannten Umstandes auf eine konsolidierungspflichtige
Zweckgesellschaft hindeutet (BT-Drucks. 16/12407, S. 89). Die in der
Gesetzesbegründung aufgeführten Kriterien sind umformuliert unmittelbar aus
SIC-12.10 entnommen. Ob dadurch ohne weiteres ein (vollständiger) Rückgriff
auf die allgemein anerkannte Auslegung der Kriterien nach SIC-12 erfolgen
kann oder nur die Reichweite des Vorschrift illustriert werden soll, kann
insoweit dahinstehen, da auf die Fallgruppen aus SIC-12.10 zwar Bezug
genommen wurde, aber keine völlige Deckungsgleichheit der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB mit denjenigen nach
SIC-12 besteht. Selbst bei einem Rückgriff auf die Auslegung der Kriterien
nach SIC-12 ist daher bei der Subsumtion immer an die in § 290 Abs. 2 Nr. 4
HGB genannten Tatbestandsmerkmale anzuknüpfen und eine Entscheidung im
Einzelfall zu treffen.
Hieran hat sich auch nach dem Übergang von IAS 27/SIC-12 auf die IFRS 10
zum 1. Januar 2013, woran § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB seither anknüpft, nichts
geändert. Es bleibt insoweit für Fragen der Zurechnung (auch) nach dem WpÜG
bei den bisherigen Standards zu Konkretisierung des
Zweckgesellschaftsbegriffes.
Das Vorliegen mindestens eines der SIC-12 Kriterien kann also (nach wie
vor) auf das Vorliegen einer konsolidierungspflichtigen Zweckgesellschaft
hinweisen, muss aber nicht zwingend zu einem Mutter-Tochter-Verhältnis
führen. Jedes Kriterium stellt dabei für sich genommen eine widerlegbare
Vermutung dar. Dabei ist im Hinblick auf die Gesetzesbegründung und die
Umstände der Neufassung (in Reaktion auf die Finanzkrise) insgesamt auch zu
beachten, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 290 Abs. 2 Nr. 4
HGB Zweckgesellschaften im weitest möglichen Umfang in den
Konsolidierungskreis einbeziehen wollte (BT-Drucks. 16/12407, S. 89).
Die Lechler Stiftung trägt bei wirtschaftlicher Betrachtung zunächst die
Mehrheit der Risiken und Chancen der KWL.
Das Recht zur Ziehung der überwiegenden Nutzen i.S.v. SIC-12.10 (c) kann
nach SIC-12 Appendix (c) bspw. auf einer Satzung oder einem Vertrag
beruhen. Der hier verwendete Nutzenbegriff umfasst zum einen den
überwiegenden Anteil des wirtschaftlichen Nutzen, der von einer
Zweckgesellschaft in der Form künftiger Cashflows, Periodenüberschüsse,
Reinvermögen oder anderen wirtschaftlichen Nutzens ausgeschüttet bzw.
geleistet wird und zum anderen Residualansprüche bei geplanter
Restverteilung oder Liquidation.
Die drei Gesellschafter der Gattung B sind gemäß des Regelungen des
Gesellschaftsvertrages der KWL von einem Anteil am Gewinn und an einem
eventuellen Veräußerungserlös ausgeschlossen. Der Lechler Stiftung würden
in der Nachfolge der PLS dagegen als Gesellschafterin der Gattung A nach
den Regelungen des Gesellschaftsvertrages der PLS jährlich mindestens ein
Gewinn von EUR 200.000 zustehen. Zur Verwirklichung dieser Gewinnverwendung
muss die KWL in den Beteiligungsgesellschaften, die sich in ihrem direkten
oder indirekten Mehrheitsbesitz befinden, eine Gewinnverwendungspolitik
gemäß § 29 GmbHG durchsetzen. Außerdem steht ihr dann gemäß den Regelungen
des Gesellschaftsvertrages der KWL ein Veräußerungs- und
Liquidationsüberschuss nach Tilgung aller Verbindlichkeiten zu. Insgesamt
fließen damit nach Abzug der notwendigen und laufenden Kosten nahezu alle
Gewinne und damit der überwiegende Nutzen zukünftig an die Lechler
Stiftung.
Die überwiegend zu tragenden Risiken beziehen sich insbesondere auf die
Verwertung des Vermögens der Zweckgesellschaft. Entscheidend ist, dass das
Mutterunternehmen die Risiken faktisch vergleichbar einem
Mehrheitsgesellschafter trägt. Dabei wird – in Anlehnung an SIC-12 – das
Risiko, wie auch die Chance, in der Gefahr der Abweichung von den
erwarteten Zahlungsströmen gesehen, z.B. Zinsänderungs-, Ausfall- oder
Liquiditätsrisiken. Auch wenn die Lechler Stiftung keinen Risiken aus dem
Geschäftsbetrieb der KWL in Form von nachrangigen Darlehen oder sonstigen
Garantien oder Liquiditätszusagen für den geschäftlichen Misserfolg der KWL
tragen muss, trägt sich nach Vollzug des PLS-Formwechsels gerade aufgrund
ihrer dann bestehenden Kapitalbeteiligung i.H.v. 99,4% das Ausfallrisiko
faktisch vergleichbar einem Mehrheitsgesellschafter und damit die Mehrheit
der Risiken der KWL. Die wirtschaftliche Werthaltigkeit der Beteiligung an
der KWL ist alleine maßgeblich für die Gewährleistung des
Gesellschaftszwecks.
Die KWL würde nach Vollzug des PLS-Formwechsels auch ein eng begrenztes
und
genau definiertes Ziel für die Lechler Stiftung verfolgen.
Durch die Gewinnabführung nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages
der KWL würde die karitative Tätigkeit (dann) der Lechler Stiftung
finanziert werden. Diese Finanzierungsfunktion ist ein Indikator dafür,
dass die Geschäftstätigkeit der KWL zugunsten dann der Lechler Stiftung
i.S.d. Kriterium (a) der Gesetzesbegründung zu § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB
geführt wird.
Denn die Geschäftstätigkeiten der Zweckgesellschaft i.S.v. SIC 12-10 (a)
werden gemäß SIC-12 Appendix bei wirtschaftlicher Betrachtung dann zu
Gunsten des berichterstatttenden Unternehmens geführt, wenn die
Zweckgesellschaft hauptsächlich damit beschäftigt ist, dem
berichterstattenden Unternehmen langfristige Kapitalquelle oder
Finanzmittel zur Unterstützung der laufenden bedeutenden oder zentralen
Tätigkeit zu beschaffen (Finanzierungsfunktion). Dies ist mittels einer
funktionalen Betrachtung zu beurteilen, nach der die Zweckgesellschaft für
das Mutterunternehmen eine bestimmte Funktion erfüllen muss. Nach dem
Gesellschaftsvertrag der KWL ist Gegenstand des Unternehmens die
Verwaltung, der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen und
börsennotierten Wertpapieren. In den Regelungen des Gesellschaftsvertrages
der KWL findet sich zudem die Verpflichtung der Geschäftsführung und der
Gesellschafterversammlung die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung
mit den Regelungen des Erbvertrages zu führen. Nach diesem soll zum einen
die gedeihliche Weiterentwicklung sowohl der Zielgesellschaft als auch der
Lechler GmbH sichergestellt werden. Zum anderen soll die karitative
Tradition der PLS (in deren Rechte und Pflichten die Lechler Stiftung
eintreten wird) fortgeführt und so langfristig gesichert werden. Um die
Gewinnverwendungsklausel im Gesellschaftsvertrag der KWL erfüllen zu
können, muss die KWL naturgemäß unternehmerische Entscheidungen in Bezug
auf die von ihr gehaltenen Beteiligungen treffen. Dass sie insoweit keinen
weiteren Bindungen unterliegt, spricht aber nicht gegen eine
Zweckgesellschaft. Denn nur wenn die Unternehmensperpetuierung erfolgreich
ist, kann die KWL die ihr in ihrem Gesellschaftsvertrag vorgegebene
Finanzierungsfunktion erfüllen und die Lechler Stiftung kann als
vorgesehene ‘Rechtsnachfolgerin’ (im untechnischen Sinne) der PLS die
erbvertraglich vorgesehene karitative Tradition nachhaltig verwirklichen.
Zwischen der KWL und der Lechler Stiftung besteht also künftig eine enge
wirtschaftliche Beziehung, als deren Folge die Lechler Stiftung insgesamt
durch die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit der KWL damit überwiegend von
deren Wirken profitieren wird.
Die Lechler Stiftung wird künftig auch über die notwendige
Entscheidungsmacht i.S.d. Kriteriums (b) der Gesetzesbegründung zu § 290
Abs. 2 Nr. 4 HGB verfügen, um die Mehrheit der Nutzen aus der
Geschäftstätigkeit der KLW zu ziehen. Denn nach den Regelungen des
Gesellschaftsvertrages der KWL muss die Lechler Stiftung dann als
‘Rechtsnachfolgerin’ (im untechnischen Sinne) der PLS zustimmen, wenn ihre
Rechtsstellung durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages der KWL
verändert werden soll. Diese Regelung erfüllt auch den unter dem SIC 12-10
(b) eingerichteten sog. Autopilot-Mechanismus, der erreichen soll, dass die
Geschäftstätigkeit der Zweckgesellschaft zur Erfüllung des vom
Mutterunternehmen definierten Ziels erfolgt. Als Beispiele für SIC-12
Appendix (b) an, dass das Mutterunternehmen dann die Entscheidungsmacht
hat, wenn es das Recht hat, die Zweckgesellschaft eigenständig aufzulösen,
die Gründungsurkunde oder Satzung der Zweckgesellschaft zu ändern oder die
Änderung der Gründungsurkunde oder Satzung der Zweckgesellschaft zu
blockieren. Zwar greift das Zustimmungserfordernis vorliegend nur bei
Änderungen des Gesellschaftsvertrages, wenn die Rechtsstellung der Lechler
Stiftung nachteilig verändert wird. Damit können insbesondere etwa
wesentliche Vorschriften, die der Lechler Stiftung dann als
‘Rechtsnachfolgerin’ der PLS die Mehrheit der Nutzen aus der
Geschäftstätigkeit, wie die im Gesellschaftsvertrag der KWL geregelte
Gewinnverwendung, die Veräußerung und Auflösung der Gesellschaft sowie der
Ausschluss der Lechler Stiftung als ‘Rechtsnachfolgerin’ der PLS nicht ohne
ihre Zustimmung geändert werden. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist die
Lechler Stiftung nach Vollzug des PLS-Formwechsels daher künftig in der
Lage, sich die Mehrheit des Nutzenzuflusses auch gegen den Widerstand
Dritter zu sichern und hat deren Zugriff auf den Nutzen bereits bei
Gründung beschränkt. Mithin stellt auch dieses Vetorecht einen weiteren
Indikator für das Vorliegen einer Zweckgesellschaft i.S.v. § 290 Abs. 2 Nr.
4 HGB dar.
Für das Vorliegen eines eng begrenzten und genau definierten Ziels spricht
auch der Umstand, dass die KWL gegründet wurde, um als Auflagenbegünstigte
i.S.d. Erbvertrages zu fungieren sowie die Zielsetzungen des Erbvertrages,
dem die hier vorliegende Konstellation geschuldet ist.
2.1.1.2 Die Erfüllung des Schenkungsvertrages nebst der diesbezüglichen
Auflagen wird dann zur Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft durch die
Lechler Stiftung führen.
Zum Zeitpunkt des Ablebens des WHL wird der auf diesen Zeitpunkt
aufschiebend befristete Schenkungsvertrag erfüllt und das WHL-
Firmenvermögen zunächst auf die Lechler Stiftung übertragen. In der Folge
kommt es dann zu einer unmittelbaren Weiterübertragung des WHL-
Firmenvermögens auf die KWL, dem Tochterunternehmen der Lechler Stiftung.
Die Lechler Stiftung wird aufgrund der Übertragung des WHL-Firmenvermögens
nach Maßgabe der Regelungen des Schenkungsvertrages nebst der
diesbezüglichen Auflagen, welche vorsehen, dass das WHL-Firmenvermögen
letztlich auf die KWL als Auflagenbegünstigten zu übertragen ist (wobei die
Erträge aus dem WHL-Firmenvermögen weiterhin der PLS bzw. – nach dem PLS-
Formwechsel – der Lechler Stiftung zustehen sollen), sodann jedenfalls
zusätzlich zu dem ihr mit dem Vollzug PLS-Formwechsels bereits zustehenden
Stimmrechtsanteil i.H.v. mindestens rund 20,54% unmittelbar weitere rund
4,37% der Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft halten.
Des weiteren werden der Lechler Stiftung aufgrund der Übertragung auch des
übrigen WHL-Firmenvermögens weitere Stimmrechte aus Aktien der
Zielgesellschaft zustehen, da es aufgrund der ihr dann zukommenden
Beteiligung i.H.v. 80,8% an der Lechler GmbH zu einer entsprechenden
Zurechnung von Stimmrechten aus Aktien der Zielgesellschaft kommt. So
werden die der Lechler International GmbH zustehenden rund 0,65% der
Stimmrechte zunächst gemäß der §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6
WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1 Nr. 1 HGB auf die Lechler GmbH
zugerechnet, da der Lechler GmbH die Mehrheit der Stimmrechte an der
Lechler International GmbH zustehen. Der Gesamtstimmrechtsanteil der
Lechler GmbH i.H.v. rund 9,93% setzt sich dann insoweit aus rund 9,28% der
Stimmrechte aus unmittelbar selbst gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft
sowie weiteren rund 0,65% zugerechneten Stimmrechten aus von der Lechler
International GmbH gehaltenen Aktien der Zielgesellschaft zusammen. Dieser
Stimmrechtsanteil i.H.v. rund 9,93% wird schließlich gemäß der §§ 30 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
Nr. 1, Abs. 3 HGB weiter auf die Lechler Stiftung zugerechnet, da die
Lechler Stiftung aufgrund ihrer dann bestehenden Mehrheitsbeteiligung
i.H.v. 80,8% der Geschäftsanteile der Lechler GmbH die Mehrheit der
Stimmrechte an ihrem Tochterunternehmen, der Lechler GmbH, zusteht.
Die spätere (unmittelbare) Weiterübertragung des WHL-Firmenvermögens auf
die KWL, die zu diesem Zeitpunkt ein Tochterunternehmen der Lechler
Stiftung i.S.d. § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB sein wird, verändert die Höhe des
Stimmrechtsanteils der Lechler Stiftung an der Zielgesellschaft dann nicht
mehr; es wird insoweit lediglich eine weitere Form der
Stimmrechtszurechnung begründet.
Demzufolge beträgt der Stimmrechtsanteil der Lechler Stiftung an der
Zielgesellschaft zum Zeitpunkt der Erfüllung des Schenkungsvertrages nebst
der diesbezüglichen Auflagen die Summe aus (i) mindestens rund 20,54% der
Stimmrechte der Zielgesellschaft aus bereits bis dato unmittelbar und
mittelbar gehaltener Aktien der Zielgesellschaft, (ii) weiteren durch die
Übertragung des WHL-Firmenvermögens erst hinzuerlangten rund 4,37% der
Stimmrechte der Zielgesellschaft und (iii) rund 9,93% der Stimmrechte der
Zielgesellschaft aufgrund entsprechender Stimmrechtszurechnung nach Maßgabe
vor allem von § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG. Mithin erhielte die Lechler
Stiftung dann mindestens einen Stimmrechtsanteil i.H.v. insgesamt rund
34,84%, so dass die Kontrollschwelle i.S.d. §§ 35, 28 Abs.2 WpÜG
überschritten würde.
2.1.2 Der tragende Befreiungsgrund ist in § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG zu
erblicken.
Aufgrund der Art der Kontrollerlangung ist es vorliegend gerechtfertigt,
gemäß § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG die Lechler Stiftung von den Verpflichtungen
aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien, da die formale
Kontrollerlangung der Lechler Stiftung (lediglich) in Folge der Erfüllung
des Schenkungsvertrages nebst der diesbezüglichen Auflagen erfolgt.
Unter der Art der Kontrollerlangung im Sinne von § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG
ist dabei die Gesamtheit der Umstände zu verstehen, die vom Normalfall des
gezielten entgeltlichen Erwerbs von Stimmrechten als Grundlage des
Kontrollerwerbs abweichen und die für die Beurteilung, ob das Interesse des
Kontrollerwerbers das Interesse der Drittaktionäre überwiegt, relevant
sind. Dabei können unter § 37 Abs. 1 Alt. 1 WpÜG nicht nur besondere
rechtliche Tatbestände gefasst werden, sondern vielmehr auch tatsächliche
Umstände in Verbindung mit rechtlichen Tatbeständen.
Hierzu ist auch die vorliegende Sachverhaltskonstellation zu zählen. Dass
die Lechler Stiftung durch die Erfüllung des Schenkungsvertrages nebst der
diesbezüglichen Auflagen rechtlich die Kontrolle über die Zielgesellschaft
erlangen wird, ist notwendige Konsequenz der im Tatsächlichen erfolgten
Nachfolgeplanung des WHL und weiterer Familienangehöriger des WHL. Eine
zielgerichtete Absicht im Hinblick auf die Erlangung der Kontrolle über die
Zielgesellschaft oder gar eine weitergehende Absicht, eine Neuordnung der
Machtverhältnisse bei der Zielgesellschaft herbeizuführen, ist vorliegend
hingegen nicht erkennbar. Gerade die Konstellation des passiven
Kontrollerwerbs (Bieter ist Adressat einer zum Kontrollerwerb führenden
Zuwendung im Rahmen einer Erbschaft, Erbauseinandersetzung oder Schenkung)
ist im Einzelfall dabei nach dem Willen des Gesetzgebers als besondere Art
der Kontrollerlangung besonders befreiungswürdig.
Ein solcher Fall liegt hier vor. Dabei ist im Hinblick auf den
Erwerbsvorgang zu berücksichtigen, dass die Initiative zum Erwerb nicht vom
Empfänger (also der Lechler Stiftung) ausging und diese sich den
zuzuwendenden Gegenstand (WHL-Firmenvermögen) nur sehr eingeschränkt
auswählen konnte. Dass es sich bei diesem Objekt um eine die Kontrolle
vermittelnde Beteiligung handelt, ist aus Sicht des Empfängers – wie bei
der Erlangung durch Schenkung oder Erbschaft – regelmäßig Zufall.
Die Regelungen des Schenkungsvertrages nebst der diesbezüglichen Auflagen
sowie die Regelungen PLS-Formwechsel stellen sicher, dass – ihren
Fortbestand unterstellt – das WHL-Firmenvermögen mit dem Ableben von WHL
zunächst auf die Lechler Stiftung übertragen wird, wodurch die Lechler
Stiftung als institutioneller Bestandteil der Lechler-Nachfolgeplanung
betroffen wird und damit zugleich vor allem den Fortbestand und die
gedeihliche Weiterentwicklung der Zielgesellschaft gewährleistet. Dieses,
die Erlangung des WHL-Firmenvermögens insgesamt prägende Nachfolgekonzept
ist insgesamt aufgrund der Art der Kontrollerlangung gemäß § 37 Abs. 1 Alt.
1 WpÜG zu privilegieren.
2.1.3 Bei Abwägung der Interessen der außenstehenden Aktionäre der
Zielgesellschaft an einem Pflichtangebot mit dem Interesse der Lechler
Stiftung an einer Befreiung von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1
und Abs. 2 Satz 1 WpÜG überwiegen vorliegend die Interessen der Lechler
Stiftung. Denn die beschriebene Veränderung der Beteiligungsstruktur an der
Zielgesellschaft in Folge der Erfüllung des Schenkungsvertrages nebst der
diesbezüglichen Auflagen gibt den außenstehenden Aktionären (jedenfalls)
keinen (schützenswerten) Anlass, eine außerordentliche
Desinvestitionsentscheidung zu treffen. Dabei ist insbesondere zu
berücksichtigen, dass die Übertragung der zugewendeten Beteiligungen und
die damit verbundene Erlangung der Kontrolle der auf Kontinuität
ausgerichteten langfristigen Fortführung der familiär geprägten
Unternehmensstruktur der Zielgesellschaft dient. Damit ist, auch in
Anbetracht der immensen Marktkapitalisierung der Zielgesellschaft i.H.v.
rd. EUR 1,56 Mrd. gerade keine, die einschneidenden Verpflichtungen aus §
35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG rechtfertigende materielle
Veränderung der Kontrollsituation verbunden.
2.1.4. Zur Absicherung des Befreiungszwecks war die Befreiung gemäß Ziffer
1
des Tenors des Bescheids mit der Nebenbestimmung nach Ziffer 2 des Tenors
des Bescheids zu versehen.
2.2 Der Antrag des WHL ist dagegen unbegründet, denn WHL wird vorliegend
(jedenfalls nach Maßgabe des vorliegenden Sachverhaltes) keine Kontrolle
i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangen, so dass es
keinen auf ihn bezogenen Pflichtenkreis nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
Satz 1 WpÜG gibt, von dem er i.S.d. § 37 Abs. 1 WpÜG befreit werden könnte.
WHL stehen unmittelbar nur rund 12,09% der Stimmrechte der
Zielgesellschaft
zu. Weitere 9,93% der Stimmrechte der Zielgesellschaft werden ihm
zugerechnet. Damit liegt sein Stimmrechtsanteil an der Zielgesellschaft
derzeit nur bei rund 22,03%. Vorliegend könnte er insoweit nur dann die
Kontrolle über die Zielgesellschaft i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG erlangen,
wenn ihm zum Zeitpunkt des Vollzugs PLS-Formwechsels ein beherrschender
Einfluss auf die Lechler Stiftung eröffnet wird, so dass diese als sein
Tochterunternehmen anzusehen wäre, und ihm somit dann der der Lechler
Stiftung zustehende Stimmrechtsanteil an der Zielgesellschaft weiter
zuzurechnen wäre.
Ein solches ist aber nicht erkennbar. Die Lechler Stiftung kann
vorliegend
nicht als Zurechnungsmittlerin dienen, da sie nicht als Tochterunternehmen
von WHL anzusehen ist. Demzufolge ist es nicht möglich, dass WHL aufgrund
des der Lechler Stiftung zustehenden Stimmrechtsanteils an der
Zielgesellschaft die Kontrollschwelle i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG
überschreitet.
Eine Stiftung wie vorliegend die Lechler Stiftung kann grundsätzlich ein
Tochterunternehmen i.S.d. §§ 2 Abs. 6 WpÜG, 17 Abs. 1 AktG sein, wenn sie
faktisch beherrscht wird. Die Möglichkeit der faktischen Beherrschung einer
Stiftung ist dabei vor allem unter dem Blickwinkel einer personellen
Verflechtung eröffnet. Hierbei ist wesentliches Charakteristikum, dass
einer Person ein Bestellungs- und Abberufungsrecht bezüglich der
Leitungsorgane der Stiftung auf Grundlage der Satzung zusteht. Diese
Bestellungs- und Abberufungsrechte können dabei direkt einer Person qua
Satzung zugestanden werden oder satzungsmäßig einem weiteren Organ bzw.
einer weiteren juristischen Person übertragen werden, auf welche(s)
seinerseits entsprechende Einwirkungsrechte (statutarisch verankert)
bestehen. In beiden Fällen ist derjenigen maßgeblichen Person eine
Beherrschungsmöglichkeit der Stiftung eröffnet, da sie entweder unmittelbar
oder mittelbar die Besetzung der Leitungsorgane qua satzungsmäßig
eingeräumter Rechte bestimmen kann. Anders liegt der Fall aber, wenn
bereits mit Errichtung der Stiftung ein erster Stiftungsvorstand oder ein
anderes Organ eingesetzt wurde, dass wiederum den Stiftungsvorstand
bestellen kann, und fortan keine weiteren Bestellungsrechte etwa von Seiten
des Stifters bestehen. Grund dafür ist, dass in einem solchen Falle die
allgemeinen Voraussetzungen einer Beherrschungsmöglichkeit nach Maßgabe von
§ 17 Abs. 1 AktG nicht mehr gewahrt sind. Denn § 17 Abs. 1 AktG setzt
voraus, dass der beherrschende Einfluss gegenüber dem anderen Unternehmen
gesichert bzw. beständig ist. An letzterem fehlt es vorliegend, da WHL zwar
das Recht zur Bestellung des ersten Stiftungsvorstands hat, er jedoch auf
dessen Abberufung und die Bestellung weiterer Stiftungsvorstände keinen
Einfluss hat, so dass seine Personalkompetenz nur punktuell auf die
Erstbestellung des Stiftungsvorstands ausgerichtet ist.
Stuttgart, den 25. Mai 2018
Lechler Stiftung
Ende der WpÜG-Meldung
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